Blog

Elektronische Rechnungsstellung in Deutschland: Herausforderungen, Erfolge und Sonstiges

5. Mai 2023

Geschrieben von: Qamar Al Hkim

Wie viele europäische Länder ist auch Deutschland seit fast einem Jahrzehnt auf der Suche nach Standards für die elektronische Rechnungsstellung. Wir erläutern den Weg der elektronischen Rechnungsstellung in Deutschland, listen die Voraussetzungen für den Versand und Empfang von E-Rechnungen auf und stellen den aktuellen Stand der Regulatorien im Land vor.

Der Beginn der deutschen Entwicklung im Bereich der elektronischen Rechnungsstellung

Die elektronische Rechnungsstellung in Deutschland begann ähnlich wie in vielen anderen EU-Mitgliedstaaten 2010/11 mit der Einführung der Richtlinie 2010/45/EU. In der Richtlinie wurde festgelegt, dass elektronische Rechnungen genauso behandelt werden müssen wie Papierrechnungen, ohne dass zusätzliche Bedingungen gelten.

Deutschland hat Änderungen in der Steuergesetzgebung umgesetzt, um die Anforderungen der Richtlinie zu erfüllen, und zwar im Steuervereinfachungsgesetz von 2011 und in § 14 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Durch diese Änderungen wurden elektronische Rechnungen mit Rechnungen in Papierform rechtlich gleichgestellt.

Einführung der E-Rechnungsverordnung

Im Jahr 2014 veröffentlichte der Rat der Europäischen Union die Richtlinie 2014/55, mit der die Definition der EU für eine elektronische Rechnung überarbeitet wurde. Nach der neuen Richtlinie waren von Menschen lesbare Formate wie PDF, TIFF oder JPEG keine gültigen E-Rechnungen mehr.

In der neuen Richtlinie wurde auch die Anforderung an die Behörden in jedem EU-Mitgliedstaat festgelegt, elektronische Rechnungen empfangen und verarbeiten zu können:

  • 18. April 2018 für zentrale öffentliche Auftraggeber;

  • 18. April 2020 für subzentrale, regionale und lokale Ämter und Einrichtungen.

Als nationale Umsetzung dieser neuen Richtlinie hat die Bundesregierung einen zusätzlichen § 4a im E-Government-Gesetz (EGovG) veröffentlicht, der im Mai 2017 in Kraft getreten ist. Das Gesetz ermächtigte die Bundesregierung, per Verordnung, Sonderregelungen zur Gestaltung von E-Rechnungen zu erlassen.

Das Bundesinnenministerium hat eine solche Verordnung mit der Bezeichnung E-Rechnungsverordnung (ERechV) veröffentlicht. Der Gesetzentwurf legt fest, dass alle Bundesbehörden, wie Verfassungsorgane und Bundesministerien, ab dem 27. November 2018 E-Rechnungen im XRechnung-Format oder anderen Formaten, die dem europäischen Standard für elektronische Rechnungsstellung entsprechen, empfangen und verarbeiten müssen. Ein Jahr später waren alle anderen öffentlichen Auftraggeber des Bundes (Bundesfinanzämter, Polizeibehörden, Bundesuniversitäten, Krankenhäuser etc.) ebenfalls dazu verpflichtet.

Schließlich beschloss der IT-Planungsrat im Oktober 2018, dass alle Behörden auf Bundes- und Landesebene Peppol immer dann anbieten sollten, wenn für die Zustellung von E-Rechnungen ein automatisierter Datenaustausch vorgesehen ist.

Das XRechnung-Format

Die Entwicklung von XRechnung war maßgeblich an der Umsetzung der elektronischen Rechnungsstellung in Deutschland beteiligt.

KoSIT hat am 5. Oktober 2017 den Standard XRechnung für E-Invoicing Version 1.0 angekündigt (die neueste Version ist 2.0.1). Gemäß dem Beschluss 2017/22 des Nationalen IT-Planungsrates wurde das Format freigegeben und in der ERechV aktualisiert. Weiter heißt es in der ERechV: „Für die Ausstellung von elektronischen Rechnungen haben Rechnungssteller und Rechnungssender grundsätzlich den Datenaustauschstandard XRechnung zu verwenden“.

Im April 2018 hat der IT-Planungsrat die Nutzung des Peppol-eDelivery-Netzwerks für die Übertragung von E-Rechnungen vorgeschrieben und eine eigene Peppol-Behörde namens KoSIT aufgebaut.

Einreichung von XRechnung direkt auf Plattformen

Trotz der Existenz verschiedener Plattformen ist es Deutschland gelungen, eine einheitliche Leitweglogik umzusetzen. Dank dieser Leitweg-ID kann die Rechnungsplattform die Rechnung korrekt an den Auftraggeber weiterleiten. Die Leitweg-ID ist ein obligatorisches Element in der XRechnung-Struktur. Die ID ist wie folgt aufgebaut:

Der Grobadressierung (Kennzahlen für Bundesland, Regierungsbezirk, Landeskreis und Gemeinde) sowie die Prüfziffer sind dabei verpflichtend, wohingegen die Feinadressierung optional ist und somit frei wählbar.

Peppol in Deutschland

Nach inoffiziellen Informationen, die Pagero von OpenPeppol im November 2018 erhalten hat, hat OpenPeppol zusammen mit dem IT-Planungsrat und KoSIT die deutschen Anforderungen an Peppol-Vorgaben zusammengestellt. Dank dieser Zusammenarbeit kann der E-Rechnungsaustausch im Format Peppol BIS 3 (DE CIUS) erfolgen, der zusammen mit XRechnung in der Peppol-Infrastruktur zum Einsatz kommen kann.

Peppol Service Provider (SPs) sind ein zentraler Bestandteil des Peppol-Netzwerks. Sie verbinden Benutzer (Käufer oder Verkäufer) über andere SPs, die E-Dokumente und Nachrichten empfangen und senden können. SPs haben einfachere Leitwege und klarere Bedingungen für die Kommunikation als herkömmliche benutzergesteuerte Verbindungen. SPs verwenden vorgegebene Transportprofile für den Austausch von Informationen zwischen Sendern und Empfängern von Nachrichten im Peppol-Netzwerk.

Wie bereits erwähnt, ist das Format XRechnung über die Peppol-Infrastruktur zulässig. Dieses Format ist jedoch spezifisch für Deutschland. Daher empfiehlt es sich, einen Peppol SP zu wählen, der dieses Format erstellen, übertragen und empfangen kann. Außerdem sollte man einen Anbieter wählen, der von der deutschen Peppol-Behörde akkreditiert wurde und daher für die Durchführung von Peppol-Transaktionen in Deutschland zugelassen ist. Die deutschen Peppol-Anforderungen finden Sie hier.

Rechnungen einreichen über Peppol

Unter Verwendung der Peppol Leitweg-Kennung wird mit der normalen Peppol-Leitweg-ID gearbeitet.

Die Struktur der Peppol Leitweg-ID sieht wie folgt aus:

  • DE: LID (9958: Leitweg ID) Veraltet

  • DE: LWID (0204: Leitweg ID)

  • DE: VAT (9930: Deutsche Umsatzsteuer-Identifikationsnummer)

Die Portale

Zur Unterstützung der Bundesverwaltung beim Empfangen von E-Rechnungen wurde eine zentrale Eingangsrechnungsplattform des Bundes entwickelt.

Seit dem 20. November 2018 ist der zentrale Eingang für elektronische Rechnungen, die Zentrale Rechnungseingangsplattform des Bundes (ZRE), offen. Alle Unternehmen sind zur Einreichung von E-Rechnungen verpflichtet. Diese Rechnungen sind im Standard XRechnung einzureichen.

Zur Unterstützung der Bundesländer beim Empfangenvon E-Rechnungen wurde den Lieferanten zudem eine zweite Plattform zur Verfügung gestellt, und zwar die Rechtseingangsplattform OZG-RE mit Online-Zugang.

Beide Plattformen verfügen über ähnliche Erfassungsfunktionen für Rechnungen sowie vergleichbare Benutzeroberflächen. OZG-RE fungiert als zentraler Zugang für elektronische Rechnungen mit dem Standard XRechnung an die indirekte Bundesverwaltung und steht auch den einzelnen Bundesländern als Plattformbasis zur Verfügung.

Leider gibt es kein Verzeichnis, aus dem eindeutig hervorgeht, welche öffentliche Einrichtung hinter welchem Portal Rechnungen empfängt. Man sollte sich direkt an den Käufer wenden, um sicherzustellen, dass das richtige Portal für die Übermittlung verwendet wird. Wenn Peppol verwendet wird, kann über das Peppol-ID-Routing festgestellt werden, hinter welchem Portal oder Zugangspunkt der Käufer für den Rechnungsempfang registriert ist. Dies bietet eine zusätzliche Sicherheit, um Portalverwechslungen zu vermeiden.

Fünf Hauptfunktionen der Plattformen

1. Authentifizierung

Absender von Rechnungen können sich auf den Portalen registrieren und authentifizieren. Diese Funktion wird über Benutzerkonten bereitgestellt.

2. Rechnungserstellung und -übermittlung

In den Portalen gibt es 2 Möglichkeiten für Lieferanten ihre E-Rechnungen zu erstellen:

  • Manuelles Ausfüllen eines Online-Formulars
  • Selbst erstellte XRechnung zum Anfügen oder Hochladen

3. Empfangs-/Sendekanäle

Rechnungsversender haben verschiedene Zustellmöglichkeiten:

  • E-Mail mit XML-Anhang
  • De-Mail mit XML-Anhang
  • Hochladen von XML über ein Online-Formular
  • Peppol (XRechnung)

Peppol ist der einzige vollautomatische Übertragungskanal. Alle anderen Methoden erfordern einen manuellen Eingriff.

Hinweis: Um Rechnungen über alle Kanäle außer Peppol einreichen zu können, ist eine Registrierung erforderlich, um ein Benutzerkonto im jeweiligen Portal zu erhalten. Mit dem Benutzerkonto können Rechnungsaussteller außerdem den Rechnungsstatus ihrer eingereichten Dokumente abrufen.

4. Überprüfung

Rechnungen werden in den Portalen auf formale Richtigkeit nach dem XRechnungs-Schema überprüft und automatisch abgelehnt, wenn sie die Anforderungen nicht erfüllen. Dadurch wird die Anzahl der falschen Rechnungen, die an den Endempfänger gesendet werden, erheblich reduziert.

Hinweis: Aussteller müssen darauf achten, dass ihre Referenz oder Leitweg-ID im richtigen Feld der XRechnung angezeigt wird. Andernfalls kann die Rechnung ohne Benachrichtigung abgelehnt werden. Wenn die Leitweg-ID nicht mit einem Käufer verknüpft ist, wird die Rechnung ebenfalls abgelehnt.

5. Adressierung/Weiterleitung

Die zentral eingereichten und geprüften Rechnungen werden an die korrekte Rechnungsstelle weitergeleitet. Die Behörden werden anhand einer Leitweg-ID oder bei Peppol-Transaktionen anhang der Peppol-ID identifiziert.

Zeitplan für öffentliche Auftraggeber

Die Umsetzungsfristen für den Empfang von E-Rechnungen im XRechnung-Format sind wie folgt:

  • 27. November 2018 für die höchsten Bundesbehörden und die Verfassungsorgane der Bundesregierung;

  • 27. November 2019 für alle Bundesministerien und alle anderen Bundesbehörden, also Finanzämter, Polizeibehörden, Universitäten und Krankenhäuser;

  • 18. April 2020 für Länder und Gemeinden.

Zeitplan für Lieferanten (Rechnungsaussteller)

Für Lieferanten ist es nicht immer einfach zu verstehen, welche Empfänger welches Rechnungsformat erhalten können, wohin die Rechnungen gesendet werden müssen und welcher Übertragungs- oder Kommunikationskanal verwendet werden kann.

Lieferanten von Bundesbehörden und Bremer Landesbehörden müssen ab dem 27. November 2020 E-Rechnungen entweder im Format XRechnung oder in einem anderen Format ausstellen, das den europäischen Standardanforderungen entspricht. Dies bedeutet, dass Rechnungen auf Papier oder nicht CEN-konforme PDF-Rechnungen von Rechnungsempfängern abgelehnt werden können.

Weitere Zeitpläne:

  • Baden-Württemberg: Ist der Käufer eine Behörde des Staates, sind die Lieferanten verpflichtet, ihre Rechnungen ab dem 1. Januar 2022 elektronisch bei der staatlichen Rechnungsstelle einzureichen.

  • Hamburg: Vertragspartner öffentlicher Einrichtungen und Auftraggeber sind verpflichtet, ab dem 1. Januar 2022 elektronische Rechnungen an staatliche Behörden zu übermitteln, wobei Peppol die bevorzugte Übermittlungsmethode ist.

  • Saarland: Alle Rechnungen an öffentliche Auftraggeber müssen ab dem 1. Januar 2022 als elektronische Rechnungen übermittelt werden.

  • Mecklenburg-Vorpommern: Nach den vorliegenden Informationen soll ab dem 1. April 2023 eine Verpflichtung für Lieferanten bestehen, elektronische Rechnungen zu versenden (FeRD, 2020).

  • Rheinland-Pfalz: Alle Rechnungen an öffentliche Auftraggeber müssen ab Januar 2024 als E-Rechnungen versendet werden.

Unterschiedliche Ansätze bei der elektronischen Rechnungsstellung

Trotz der Umsetzung aller bereits genannten Maßnahmen bleiben die Abläufe bei der elektronischen Rechnungsstellung deutschlandweit heterogen.

Einige der Regelungen auf Landesebene unterscheiden sich erheblich. Einige Bundesländer haben sich für die Verwendung der Eingangsplattform (OZG-RE) des Bundes für Online-Rechnungen ausgesprochen. Weiterhin wird es aber auch zahlreiche eigene Plattformlösungen geben. Einige Bundesländer haben noch nicht einmal Aussagen dazu gemacht, wie der Empfang von E-Rechnungen funktionieren wird.

Darüber hinaus unterscheiden sich viele rechtliche und administrative Anforderungen auf Länderebene erheblich – zum Beispiel ein Mindest- oder Höchstbetrag, ab dem nur E-Rechnungen akzeptiert werden sollen, welche E-Rechnungsformate (z.B. XRechnung, ZUGFeRD 2.0, etc.) zulässig sind oder welche Übertragungskanäle zur Verfügung stehen.

Was ist der heutige Stand?

Die Umsetzung bei den deutschen Infrastrukturen für die elektronische Rechnungsstellung sieht im April 2020 wie folgt aus:

Über eine einzige Verbindung zu Pagero können Lieferanten E-Rechnungen an öffentliche Stellen in allen Bundesländern versenden.

Es gibt eine Peppol-Schnittstelle zu den folgenden Portalen:

  • Zentrales Rechnungseingangsportal (ZRE)

  • OZG-konforme Rechnungseingangsplattform (OZG-RE): Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Thüringen

  • Sachsen-Anhalt (E-Rechnungsportal)

  • Schleswig-Holstein (E-Rechnungsportal)

  • Bremen E-Rechnungsportal (zERIKA)

  • Nordrhein-Westfalen (Vergabe E-Rechnungsportal)

  • Versender Portal XRechnung (VPX)

Es gibt eine E-Mail-Schnittstelle zu den folgenden Portalen:

  • Baden-Württemberg (Zentraler Rechnungseingang)

  • Hamburg (Elektronische Poststelle)

  • Niedersachsen (NAVO)

  • Rheinland-Pfalz (E-Rechnungseingang RLP)

  • Saarland (Mitnutzung E-Rechnungseingang RLP)

Bleiben Sie auf dem Laufenden mit unserem Newsletter

Entdecken Sie weitere Ressourcen

Hier finden Sie alle unsere ausführlichen Blogbeiträge, Webinare und Leitfäden.
Zum Ressourcenzentrum gehen

Kontaktieren Sie uns

Wollen Sie einsteigen oder mehr erfahren? Hinterlassen Sie hier Ihre Kontaktdaten und wir werden uns mit Ihnen in Verbindung setzen!