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E-Rechnungspflicht 2025: Chance oder Trugschluss?

29. September 2025

E-Rechnungspflicht 2025 in Deutschland: Mehr als eine neue Compliance-Hürde

Seit dem 1. Januar 2025 gilt eine neue Realität für deutsche Unternehmen: Sie müssen elektronische Rechnungen empfangen können. Schon ab 2027 folgt für viele die Pflicht zum strukturierten Versand – und ab 2028 sind alle Unternehmen betroffen.

In den ersten Diskussionen geht es oft um technische Fragen, Fristen und gesetzliche Details. Verständlich, denn Compliance und die neue Verpflichtung stehen im Vordergrund. Doch eine entscheidende Dimension bleibt dabei häufig im Hintergrund: Die E-Rechnungspflicht ist nicht das Ziel, sondern das Mittel. Sie schafft die Grundlage für ein digitales Umsatzsteuer-Meldesystem, das den Weg ebnet für eine effizientere Steuerverwaltung, mehr Transparenz und die Modernisierung ganzer Geschäftsprozesse.

Gesetzliche Ausgangslage und Zeitplan der E-Rechnung

Die Pflicht zur elektronischen Rechnung wurde im Rahmen des Wachstumschancengesetzes verankert und folgt einem klaren Fahrplan:

  • Ab 1. Januar 2025: Alle Unternehmen müssen in der Lage sein, elektronische Rechnungen im Format EN 16931 zu empfangen.
  • Ab 2027: Unternehmen mit einem Umsatz über 800.000 Euro dürfen nur noch strukturierte E-Rechnungen ausstellen.
  • Ab 2028: Alle Unternehmen in Deutschland sind verpflichtet, E-Rechnungen zu versenden.

Damit folgt Deutschland dem europäischen Trend in der elektronischen Rechnungsstellung. Die EU setzt mit ViDA („VAT in the Digital Age“) auf Harmonisierung und Standardisierung. Länder wie Italien oder Frankreich haben ihre Systeme bereits eingeführt und machen vor, wie sich Steuertransparenz und Digitalisierung durch strukturierte Formate wie XRechnung oder ZUGFeRD verbinden lassen.

Das eigentliche Ziele hinter der E-Rechnungspflicht: Ein digitales Steuer-Kontrollsystem

Doch die Einführung der E-Rechnungspflicht verfolgt damit einen noch deutlich weiterreichenden Auftrag: Sie soll den Weg bereiten für eine vollständig digitalisierte Steuerverwaltung, in der Daten künftig in Echtzeit übermittelt werden und Überprüfungen nicht mehr zeitverzögert erfolgen müssen. Gleichzeitig geht es darum, die milliardenschwere Mehrwertsteuerlücke in der EU zu schließen, die jedes Jahr enorme Ausfälle bei den staatlichen Umsätzen verursacht und den fairen Wettbewerb verzerrt.

Auch der Abbau von Bürokratie spielt eine zentrale Rolle: Standardisierte Formate und automatisierte Abläufe entlasten Unternehmen wie öffentliche Behörden gleichermaßen von zeitaufwendigen, manuellen Prozessen. Darüber hinaus leistet die E-Rechnungspflicht einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit, indem sie Papierrechnungen ersetzt, Druck- und Versandaufwand reduziert und so Ressourcen schont.

In diesem Zusammenspiel wird deutlich, dass es sich bei der E-Rechnungspflicht nicht nur um ein weiteres gesetzliches Compliance-Projekt handelt. Vielmehr ist sie ein wesentlicher Baustein für ein modernes, digitales Wirtschaftssystem, das effizienter, transparenter und nachhaltiger gestaltet ist.

Was ist ein digitales Umsatzsteuer-Meldesystem?

Ein digitales Umsatzsteuer-Meldesystem bedeutet, dass Rechnungs- und Transaktionsdaten nicht mehr gesammelt am Monats- oder Quartalsende, sondern nahezu in Echtzeit an die Finanzverwaltung übermittelt werden.

Typische Modelle weltweit:

  • Clearance-Modell (z. B. Italien, Mexiko): Rechnungen werden vor dem Versand von der Steuerbehörde geprüft und freigegeben.
  • Echtzeit-Meldung (z. B. Ungarn): Daten werden parallel zum Versand automatisch gemeldet.
  • Dezentrale Modelle (z. B. Skandinavien): Private Plattformen übernehmen die Validierung und Weiterleitung an die Behörden.

Deutschland wird voraussichtlich zunächst auf die E-Rechnungspflicht setzen und in einem zweiten Schritt ein digitales Umsatzsteuer-Meldesystem einführen. Dabei spielen die Vorgaben der EU eine wichtige Rolle, um Insellösungen in der inländischen Rechnungsstellung zu vermeiden und europäische Standards konsequent umzusetzen.

Herausforderungen für Unternehmen sind vor allem die technische Integration in ERP-Systeme, die Qualität der Stammdaten und die enge Zusammenarbeit zwischen Finance, Tax und IT. Internationale Beispiele zeigen, dass verschiedene Wege möglich sind: Italien hat mit einem Clearance-System Erfolge erzielt, Frankreich erprobt ein hybrides Modell, während in Skandinavien stärker auf Interoperabilität mit Formaten wie XRechnung und Peppol gesetzt wird.

Was E-Invoicing-Compliance konkret bedeutet

Für Unternehmen bedeutet die gesetzliche Pflicht zur E-Rechnung damit weit mehr als nur eine Änderung des Rechnungsformats. Sie bringt spürbare Anpassungen im Arbeitsalltag mit sich, die sowohl technologische als auch organisatorische Aspekte betreffen.

So müssen ERP- und Buchhaltungssysteme erweitert oder angepasst werden, damit Rechnungen im vorgeschriebenen strukturierten Format erstellt, empfangen und verarbeitet werden können. Auch die Ausstellung von Rechnungen muss den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Hinzu kommt die Einführung revisionssicherer Archivierungslösungen, um die langfristige Verfügbarkeit und rechtliche Gültigkeit elektronischer Rechnungen sicherzustellen. Auch die etablierten Abläufe in den Bereichen Kreditoren- und Debitorenbuchhaltung müssen neu gestaltet werden, da Automatisierung und Echtzeitvalidierung die Prozesslandschaft grundlegend verändern.

Parallel dazu wird Change Management zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor: Mitarbeitende in den Abteilungen Finanzen, Steuern und IT müssen geschult und aktiv in den Wandel eingebunden werden, um Compliance sicherzustellen und Unterbrechungen zu vermeiden.

Während große Konzerne häufig auf internationale Erfahrungen zurückgreifen können, stehen viele mittelständische Unternehmen noch ganz am Anfang dieser Entwicklung. Gerade für sie ist eine frühzeitige Vorbereitung erforderlich, um Engpässe zu vermeiden, Risiken zu reduzieren und regulatorische Anforderungen in eine Chance zur Modernisierung zu verwandeln.

Chancen für Unternehmen

Wer die E-Rechnung nur als regulatorische Pflicht betrachtet, verschenkt Potenzial. Richtig umgesetzt, eröffnet sie Chancen:

  • Automatisierung und Effizienzsteigerung: Rechnungsverarbeitungszeiten können um mehr als die Hälfte reduziert werden, während Fehlerquellen sinken.
  • Bessere Datenqualität: Strukturierte Rechnungen liefern präzise Informationen für Controlling, Cashflow und Steuerprozesse.
  • Transparenz: Echtzeitdaten ermöglichen fundiertere Entscheidungen und mehr Planungssicherheit.
  • Internationale Vorbilder: In Italien führte die Pflicht zu höheren Steuereinnahmen und moderneren IT-Landschaften. In Mexiko entstand ein Innovationsschub im Bereich FinTech und digitaler Services.

Technologiepartner wie Pagero unterstützen Unternehmen dabei, diese Chancen zu nutzen: mit globaler Reichweite, Anbindung an Standards wie Peppol und integrierten Compliance-Lösungen.

Empfehlungen für die Praxis

Unternehmen können heute schon die Grundlage dafür schaffen, dass die Pflicht zur E-Rechnung zu einem Wettbewerbsvorteil wird:

  • frühzeitig Prozesse analysieren und Systeme anpassen
  • Standards wie EN 16931 und Peppol nutzen, um Interoperabilität sicherzustellen
  • Compliance-Partner wählen, die auch künftige Anforderungen wie E-Reporting abdecken
  • Stammdatenqualität verbessern, um Fehler und Verzögerungen zu vermeiden
  • Change Management einplanen und Mitarbeitende gezielt einbinden

Der nächste Schritt

Mit der E-Rechnungspflicht ist der Weg in eine neue Ära der digitalen Rechnungsstellung und Steuerdigitalisierung eröffnet. Der nächste logische Schritt wird ein Meldesystem in Echtzeit sein – ein Modell, das in anderen Ländern bereits Realität ist und das in Europa mit ViDA eine einheitliche Richtung bekommt.

Für Unternehmen bedeutet das: Die Verpflichtung zur elektronischen Rechnung ist kein Endpunkt, sondern der Anfang einer Entwicklung, die zu durchgängigen digitalen Steuer- und Geschäftsprozessen führen wird. Wer diese Entwicklung strategisch angeht, schafft nicht nur Rechtssicherheit, sondern auch nachhaltige Effizienzgewinne.

Mehrwert schaffen

Die Pflicht zur E-Rechnung bringt Aufwand mit sich – aber sie bringt auch die Chance, Prozesse neu zu denken und die Digitalisierung im eigenen Unternehmen zu beschleunigen. Unternehmen, die diesen Schritt aktiv gestalten, verschaffen sich einen Vorsprung in einem Markt, der immer stärker durch Transparenz, Datenqualität und Automatisierung geprägt sein wird.

Pagero unterstützt Sie dabei, aus der Pflicht einen Mehrwert zu machen. Lassen Sie uns gemeinsam die nächsten Schritte planen, damit Ihr Unternehmen nicht nur compliant bleibt, sondern gestärkt in die digitale Zukunft geht.

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